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Die Realität muss man natürlich sehen: In der Bundesrepublik gibt es zurzeit etwa 1,6 Millionen Schüler muslimischen Glaubens, also immerhin circa 15 Prozent der Schülerschaft in Deutschland mit ungebrochen steigender Tendenz. Im Januar dieses Jahres dokumentierte das Statistische Bundesamt, dass es in elf von 16 Bundesländern an einigen öffentlichen Schulen das Angebot eines islamischen Religionsunterrichts gibt. In Nordrhein-Westfalen war die Zahl mit 26.020 Schülern, die im Schuljahr 2022/2023 an einem islamischem Religionsunterricht teilnahmen, am höchsten. Und: „In den ostdeutschen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es generell kein Angebot für muslimischen Religionsunterricht.“
Nun hat der Deutsche Lehrerverband mit dem Präsidenten Stefan Düll an der Spitze gefordert, dass islamische Theologie an deutschen Schulen als Fach angeboten werden soll. Dies entspreche dem Wunsch vieler Eltern. Weil der verpflichtende Ethikunterricht für etliche muslimische Eltern nicht ausreiche, stellt Düll fest, dass diese Eltern „immer wieder ihren Wunsch aus[drücken], dass ihre Kinder eine islamische Unterweisung unter staatlicher Aufsicht, gerne auch an der Schule, erhalten.“ Der Verbandspräsident ist der Meinung: „Wir müssen einen Islamunterricht unter staatlicher Aufsicht aufbauen.“ Dazu sollen staatlich ausgebildete Islamlehrer für den Schulunterricht eingesetzt werden. Gelehrt werden soll „im Sinne eines aufgeklärten Islam“ und im Einklang mit dem Grundgesetz, so Düll gegenüber der Presse.
Das Vorhaben ist meines Erachtens jedoch mit Vorsicht zu genießen, auch wenn es auf den ersten Blick konstruktiv wirkt. Denn immerhin ist die grundgesetzlich verankerte Freiheit der Religionsausübung zwingend zu berücksichtigen. Im Grundgesetz heißt es unter Artikel 4 (2): „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ Doch wo kommen die notwendigen qualifizierten Lehrkräfte für den Islam-Unterricht ad hoc her? Wie können die verschiedenen Konfessionen und Glaubensrichtungen im Islam in einem Unterricht unter einen Hut gebracht werden? Von den 2020 gezählten 5,5 Millionen Muslimen in der Bundesrepublik sind laut Statista Stand variiert von 2005 bis 2020 etwa 2,64 Millionen Sunniten, 500.000 Aleviten, 225.500 iranische Imamiten und türkische Schiiten, 70.000 Alawiten/Nusairier, dazu kommen Sufi-Gemeinschaften, Omanische Ibaditen und so weiter. Manch einer wird sich auch fragen, was unter einem „aufgeklärten Islam“ zu verstehen ist, beziehungsweise gibt es ihn überhaupt? Und inwieweit lassen sich durch den Islam-Unterricht mögliche politische Bestrebungen kanalisieren?
Ob sich die unterrichteten Schüler dem Einfluss islamischer, radikaler Theologen entziehen können, bleibt ebenfalls fraglich. Während die Anzahl der Angriffe auf Christen in Deutschland mit 277 Fällen im Jahr 2023 einen vorläufigen Höchststand erreichte – 2022 waren es noch 135 christenfeindliche Straftaten –, ist das Angebot eines Islam-Unterrichts sorgfältig zu prüfen. Auch das Problem des offenen Antisemitismus unter muslimischen Schülern ist damit meiner Meinung nach nicht gelöst. Und die finanziellen Probleme der Bildungshaushalte der Länder sind nicht von der Hand zu weisen. Hier wird landauf landab durch Digitalisierung, Lehrermangel, marode Schulinfrastrukturen und die Masseneinwanderung bereits auf dem letzten Loch gepfiffen.